Marktanalyse Zinsen und Geldpolitik
Wie entwickeln sich Zinsen und Geldpolitik derzeit? Unsere Marktanalyse liefert monatlich die wichtigsten Entwicklungen auf einen Blick - angefangen bei den nominalen und realen Zinsen für Sparer, den Kredit- und Baufinanzierungszinsen über die Geldmenge bis hin zu den Bilanzsummen der Zentralbanken und den Zinsstrukturen am Anleihemarkt.
Zinsentwicklung bei Tages- und Festgeld
Tagesgeld - 30,2 Prozent Anstieg im April
Beim Tagesgeld hat sich der Zinsanstieg zuletzt wieder beschleunigt. So legten die durchschnittlichen Zinsen aller von uns verglichenen Banken im April 2023 gegenüber dem Vormonat von 0,77 um 20,8 Prozent auf 0,93 Prozent pro Jahr zu. Die besten fünf Banken boten laut unserer Statistik zur Zinsentwicklung von Tagesgeld mit durchschnittlich 3,06 Prozent Zinsen pro Jahr (+30,2 Prozent gegenüber den 2,35 Prozent vom Vormonat) ein Vielfaches davon, was zeigt, wie wichtig es für Verbraucher auch in einer Phase steigender Zinsen ist, verschiedene Angebote zu vergleichen.
Tagesgeld - 6 Monate Anlagedauer
Tagesgeld - Mindest-Rating AA - Laufzeit: 6 Monate - Anlagesumme: 25000 Euro
Anbieter | Land | Zinssatz | Zinsertrag |
---|---|---|---|
Consorsbank Tagesgeld | Frankreich | 3,21% | 401,60 € |
Volkswagen Bank Tagesgeld | Deutschland | 3,12% | 390,01 € |
Barclays Tagesgeld | Irland | 3,11% | 388,75 € |
comdirect Tagesgeld PLUS | Deutschland | 3,06% | 382,70 € |
J&T Direktbank Tagesgeld | Tschechien | 3,04% | 379,74 € |
Stand: 29.05.2023 |
Tagesgeld - alle Banken - Laufzeit: 6 Monate - Anlagesumme: 25000 Euro
Anbieter | Land | Zinssatz | Zinsertrag |
---|---|---|---|
Suresse Direkt Bank Tagesgeld | Spanien | 3,32% | 415,35 € |
Openbank Tagesgeld | Spanien | 3,32% | 415,35 € |
Consorsbank Tagesgeld | Frankreich | 3,21% | 401,60 € |
Volkswagen Bank Tagesgeld | Deutschland | 3,12% | 390,01 € |
Barclays Tagesgeld | Irland | 3,11% | 388,75 € |
Stand: 29.05.2023 |
Festgeld - bis zu 17 Prozent höhere Zinsen im März
Die durchschnittlichen Zinsen für Festgeld aller von uns verglichenen Banken stiegen im April erneut - diesmal um bis zu 17 Prozent gegenüber dem Vormonat - und bewegen sich inzwischen auf einem 5-Jahres-Hoch:
Laufzeit | Durchschnittliche Zinsen p.a. | Spitzenzinssatz p.a. | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
01.04.2023 | 01.05.2023 | Veränderung | 01.04.2023 | 01.05.2023 | Veränderung | |
6 Monate | 1,89% | 1,67% | 13,17% | 3,15% | 2,90% | 8,62% |
1 Jahr | 2,32% | 2,14% | 8,41% | 3,55% | 3,50% | 1,43% |
2 Jahre | 2,44% | 2,24% | 8,93% | 4,00% | 3,70% | 8,11% |
3 Jahre | 2,56% | 2,38% | 7,56% | 4,20% | 3,75% | 12,00% |
5 Jahre | 2,65% | 2,40% | 10,42% | 4,50% | 3,85% | 16,88% |
10 Jahre | 2,42% | 2,16% | 12,04% | 3,50% | 3,50% | 0,00% |
Zinsentwicklung der letzten 1 bis 12 Monate
Wie sich die Zinsen aufs Festgeld in den letzten ein bis zwölf Monaten entwickelt haben, zeigen unsere nachfolgenden Berechnungen:
Top-Zinsen
Entwicklung der Top-Zinsen beim Festgeld | ||||
---|---|---|---|---|
Laufzeit | Zinsentwicklung zum 01.05.2023 gegenüber | |||
1 Monat | 3 Monate | 6 Monate | 12 Monate | |
6 Monate | 8,62% | 20,69% | 65,79% | 320,00% |
1 Jahr | 1,43% | 14,52% | 36,54% | 294,44% |
2 Jahre | 8,11% | 17,65% | 35,59% | 233,33% |
3 Jahre | 12,00% | 20,00% | 31,25% | 211,11% |
5 Jahre | 16,88% | 20,00% | 28,57% | 221,43% |
10 Jahre | 0,00% | 0,00% | 12,90% | 133,33% |
Durchschnittszinsen
Entwicklung der durchschnittlichen Zinsen beim Festgeld | ||||
---|---|---|---|---|
Laufzeit | Zinsentwicklung zum 01.05.2023 gegenüber | |||
1 Monat | 3 Monate | 6 Monate | 12 Monate | |
6 Monate | 13,17% | 41,04% | 117,24% | 1011,76% |
1 Jahr | 8,41% | 20,21% | 71,85% | 728,57% |
2 Jahre | 8,93% | 15,64% | 55,41% | 467,44% |
3 Jahre | 7,56% | 14,29% | 49,71% | 383,02% |
5 Jahre | 10,42% | 16,23% | 47,22% | 301,52% |
10 Jahre | 12,04% | 16,35% | 29,41% | 198,77% |
Top-Zinsen auf einen Blick
Die nachfolgende Zeitreihe zeigt auf Monatsbasis, wie sich die Top-Zinsen aufs Tagesgeld sowie Festgeld mit einem bis drei Jahren Laufzeit seit 2016 entwickelt haben:
Kaufkraftverlust von 210 bzw. 650 Milliarden Euro
Warum die Inflation für Sparer ein großes Problem ist: Bei 7,90 Prozent Inflation auf Jahressicht kommen wir in unserem Zinsradar auf 210 Milliarden Euro Kaufkraftverlust der Verbraucher auf deren Spareinlagen bei Banken - nur 2022 in Deutschland! Für die Eurozone haben wir in unserem Zinsradar bei 7,50 Prozent Jahresinflation einen Kaufkraftverlust von mehr als 650 Milliarden Euro errechnet.
Einlagenzins
Vergleich von Einlagenzins und Zinsen bei Tagesgeld
Niedrige Einlagenzinsen bedeuten fast zwangsläufig auch niedrige Zinsen bei Tagesgeld und Festgeld. Das liegt daran, dass sich die Sparzinsen in vielen Fällen am EZB-Leitzins orientieren und Einlagenzins sowie Leitzins parallel erhöht oder gesenkt werden. Den direkten Vergleich von EZB-Einlagenzins und den von uns ermittelten Tagesgeldzinsen stellt nachfolgendes Diagramm dar:
Abstand zwischen Tagesgeldzinsen und Einlagenzins der EZB
Neben der Höhe der Zinsen aufs Tagesgeld wollen wir nachfolgend untersuchen, ob und in welchem Umfang die Banken die Einlagenzinsen der EZB weitergeben, welche sie auf ihre Zentralbankguthaben erhalten. Liegt der Tagesgeldzins, den eine Bank ihren Kunden gewährt, zum Beispiel bei 1,00 Prozent pro Jahr während der Einlagenzins bei 2,00 Prozent pro Jahr liegt, beträgt die Differenz 1,00 Prozentpunkte. Diese Zinsdifferenz könnte die Bank vereinnahmen, wenn sie das Geld ihrer Kunden einfach nur auf ihr Zentralbankkonto legt und sich von der EZB den höheren Einlagenzins gutschreiben lässt.
In unseren Zeitreihen werten wir die Differenz zwischen Tagesgeldzinsen und Einlagenzinsen aus. Positive Werte bedeuten also, dass die Banken höhere Zinsen zahlen, als sie von der EZB erhalten, negative Werte bedeuten das Gegenteil. Dabei betrachten wir einmal die Zinsen der jeweils fünf besten Banken eines Monats und einmal den Durchschnitt aller von uns untersuchten Banken:
Zinsprognose für Tages- und Festgeld
Tagesgeld
Während sich Festgeldzinsen eher an den Renditen von Anleihen derselben Laufzeit orientieren, dient beim Tagesgeld die Einlagefazilität der EZB als Referenz, also der Zinssatz, den Banken für täglich fällige Guthaben auf ihren Zentralbankkonten bekommen. Der Einlagenzins der EZB liegt seit dem 16. März 2023 bei 3,00 Prozent und der Leitzins für die Eurozone bei 3,50 Prozent. Im Jahresverlauf werden drei weitere Zinsschritte zu jeweils 25 Basispunkten erwartet, in denen der Leitzins auf 4,75 und der Einlagenzins auf 3,75 Prozent angehoben werden, so dass wir für Tagesgeld von bis zu 4,00 Prozent Zinsen p.a. im Verlauf des zweiten Halbjahres ausgehen, weil einzelne Banken für die Neukundengenerierung auch Zinsen oberhalb des Einlagensatzes bieten werden:
Bloonberg Survey of Economics stützt unsere Prognose für 2023
Laut Bloomberg Survey of Economics rechnen Wirtschaftsexperten für 2023 mit weiteren Anhebungen des Einlagenzinses bis Mitte 2023 in drei Schritten von derzeit 3,00 auf 3,75 Prozent. Für den Rest des Jahres sehen die Analysten einen unveränderten Einlagenzins und für 2024 eine moderate Senkung des Zinssatzes auf bis zu 2,75 Prozent. Das stützt unsere oben gemachte Prognose, denn die höchsten Zinsen fürs Tagesgeld liegen für gewöhnlich ein bis zwei Monate nach dem entsprechenden Zinsschritt der EZB leicht über dem Einlagenzin.

Risikolose Zinsgewinne für Banken
Gerade in Phasen steigender Einlagenzinsen ist es für Banken verlockend, ihren Kunden weniger Zinsen aufs Tagesgeld zu zahlen, als sie selber fürs Parken der Einlage auf ihrem Zentralbankkonto erhalten, erlaubt das doch eine risikofreie Arbitrage.
Dazu ein Beispiel: wenn eine Bank 100 Millionen Euro von Kunden über ein Tagesgeldangebot zu 0,75 Prozent Zinsen pro Jahr einwirbt und dieses Geld eins zu eins auf ihrem Zentralbankkonto parkt, bekommt sie dafür von der EZB nach aktuellem Stand (12/2022) 2,00 Prozent Zinsen pro Jahr gutgeschrieben. Zinsaufwendungen von 750.000 Euro (100.000.000 EUR x 0,75 Prozent) stehen Zinserträge von 2.000.000 Euro (100.000.000 EUR x 2,00 Prozent) gegenüber, was einen risikolosen Zinsgewinn von 1.250.000 Euro ergibt.
2021 hatten Kreditinstitute aus Deutschland durchschnittlich 1.048 Milliarden Euro Zentralbankguthaben auf Girokonten der EZB. Bei einem aktuellen Einlagenzins von 2,00 Prozent würde das 20,96 Milliarden Euro risikofreie Zinsgewinne pro Jahr für deutsche Banken bedeuten - nur dafür, dass sie so viel Geld wie möglich auf ihren Zentralbank-Girokonten lagern.
Sparquote und deren Veränderung
Im 4. Quartal 2022 ist die Sparquote in Deutschland nach 9,60 Prozent im Vorquartal auf 10,80 Prozent gestiegen. Unsere Auswertung der Veränderung gegenüber dem Vorjahresquartal zeigt, dass die Befürchtungen, Verbraucher würden angesichts steigender Lebenshaltungskosten kaum noch Geld zur Seite legen können, nicht zutreffen. Die Sparquote lag nur 0,7 Prozentpunkte unter der vom 4. Quartal 2021, was einen wesentlich geringeren Rückgang als die 7,9 Prozentpunkte im 1. Quartal 2022 bedeutet, die aber durch den sprunghaften Anstieg der Sparquote während der Coronakrise in 2021 bedingt waren.
Kredit- und Baufinanzierungszinsen
Zinsentwicklung bei Privatkrediten
Die Zinswende kommt auch bei Privatkrediten für Verbraucher an – hier allerdings nicht in Form höherer Kosten: Im April stiegen die Werbezinsen in Form der Mindest-Sollzinsen aller von unserer Redaktion auf unserem Schwesterportal Kreditvergleich.net verglichenen Banken um 1,00 Prozent und die 2/3-Zinsen als von mindestens zwei Dritteln aller Kreditnehmer tatsächlich zu zahlenden Zinsen um 4,56 Prozent. Auf 12-Monats-Sicht kommen wir in unseren Berechnungen auf einen Zinsanstieg von 34,23 Prozent bei den Mindest-Sollzinsen und 66,50 Prozent bei den 2/3-Zinsen:
Zinsentwicklung bei Autokrediten
Bei Autokrediten für Verbraucher senkten die Banken im April ihre Zinsen leicht: um 1,85 Prozent bei den Werbezinsen in Form der jeweiligen Mindest-Sollzinsen und um 1,99 Prozent bei den von mindestens zwei Dritteln aller Kreditnehmer tatsächlich zu zahlenden 2/3-Zinsen. Über die letzten zwölf Monate beträgt der Zinsanstieg 42,84 Prozent bei den Mindest-Sollzinsen und 62,70 Prozent bei den 2/3-Zinsen.
Zinsmargen der Banken
Zinsmarge bei Privatkrediten - abhängig von der Refinanzierung
Die Zinsmarge der Banken hängt ganz davon ab, wo bzw. wie sie sich refinanzieren. Verfügen sie über genügend fristenkongruente Kundeneinlagen, können auf diesen Kredite vergeben werden. Da die Banken - wie wir bereits weiter oben festgestellt haben - die steigenden Einlagenzinsen der EZB nur zögerlich über steigende Sparzinsen an ihre Kunden weitergeben, die von selbigen zu entrichtenden Kreditzinsen jedoch deutlich schneller erhöhen, steigt die Zinsmarge der Banken, wenn sie Kredite aus den generierten Spareinlagen vergeben:
Muss sich eine Bank das für die Kreditvergabe benötigte Kapital hingegen am Interbanken- oder Anleihemarkt beschaffen, können steigende Zinsen schnell zu sinkender Zinsmarge führen. Ob dem so ist, haben wir nachfolgend durchgerechnet und dafür die Differenz zwischen den Effektivzinsen für Konsumentenkredite mit einem bzw. fünf Jahren Laufzeit und den Umlaufrenditen von Bankschuldverschreibungen mit einem bzw. fünf Jahren Restlaufzeit ermittelt (Quelle in beiden Fällen die Deutsche Bundesbank):
Steigende Bauzinsen, sinkende Zinsmargen
Um 133 Prozent sind die Zinsen für Baufinanzierungen seit Jahresbeginn 2022 gestiegen. Berechnungsgrundlage sind die Mindest-Sollzinsen aller in der Datenbank unseres Schwesterportals Kreditvergleich.net enthaltenen Banken und Vermittler, welche im dortigen Baufinanzierungsvergleich veröffentlicht werden.
Trotz dieses Anstiegs blieben die realen Bauzinsen zuletzt mit -5,01 Prozent weiterhin deutlich negativ und lagen nur 2,08 Prozentpunkte unter dem Rekordtief aus dem Oktober 2022.
Stärker als die Bauzinsen im Neugeschäft steigende Renditen für Hypothekenpfandbriefe sorgten bei den Banken im Dezember dafür, dass die Zinsmargen bei der Baufinanzierung nach +0,58 bis +0,95 Prozentpunkten im November auf +0,13 bis +0,47 Porzentpunkte zurückgingen. Zum Vergleich: die durchschnittliche Zinsmarge 2021 lag für Baufinanzierungen mit zehn Jahren Zinsbindung bei 0,92 Prozentpunkten:
Geldmengen in den USA und der Eurozone
Der Unterschied zwischen Federal Reserve in den USA und EZB in der Eurozone: die US-Zentralbank reagiert in Krisen schneller und umfassender, bremst dann aber auch schneller ihre Geldpolitik ab - zu erkennen am 12-Monats-Wachstum der Geldmenge M2, welches zu Beginn der Coronakrise in den USA in der Spitze bis zu 2,5-mal so hoch war wie in der Eurozone, jedoch zuletzt im Dezember 2022 mit -1,99 Prozent erstmals negativ war und mit -4,59 Prozent im März 2023 weiterhin deutlich unter den +2,16 Prozent der EZB lag:
Bilanzsummen von Federal Reserve und EZB
Beim Blick auf die Bilanzsummen der Zentralbanken der Eurozone und der USA zeigt sich, dass die Federal Reserve im April 2023 deutlich stärker auf der geldpolitischen Bremse stand als die EZB. Die Federal Reserve reduzierte ihre Bilanzsumme im April um 2,32 Prozent bzw. 201,948 Milliarden US-Dollar aus, die EZB nur um 0,13 Prozent bzw. 9,796 Milliarden Euro:
Die Summe der Bilanzsummen der Federal Reserve, EZB, Bank of Japan, Bank of England und der Schweizer Nationalbank haben wir ebenfalls auf Monatsbasis ausgewertet, um die Gesamtentwicklung der Geldpolitik in diesem fünf Wirtschaftsräumen aufzuzeigen:
Leitzinsen in der Eurozone und den USA
Der Leitzins der EZB für die Eurozone liegt seit dem 16. März 2023 bei 3,50 Prozent. Der Leitzins der Federal Reserve für die USA ist nach der letzten Zinserhöhung vom 22. März 2023 mit 5,00 Prozent wesentlich höher:
Die Unterschiede zwischen beiden Wirtschaftsräumen zeigen die unterschiedliche Geschwindigkeit der Geldpolitik der jeweiligen Zentralbanken: während in der Eurozone der reale Leitzins nur von -5,50 Prozent Ende Februar 2023 auf -3,40 Prozent Ende März 2023 stieg, legte er im gleichen Zeitraum in den USA von -1,25 Prozent auf 0,00 Prozent zu und war damit erstmals seit September 2019 nicht mehr negativ:
Zinsstrukturen am Anleihemarkt
In den USA ist die Zinskurve mit Stand 01.05.2023 größtenteils invertiert. Der Spread zwischen lang- und kurzfristigen Zinsen (20 Jahre versus drei Monate) beträgt minus 1,32 Prozentpunkte, in Deutschland liegt er bei minus 0,32 Prozentpunkten. Dafür ist das Zinsniveau in den USA deutlich höher, weil die Federal Reserve in ihrem Zyklus der Anhebungen der Leitzinsen schon wesentlich weiter ist als die EZB.
Die Zinsdifferenz zwischen US-Staatsanleihen mit drei Monaten und 10 Jahren Lau lag Ende April 2023 mit +1,61 Prozentpunkten den siebten Monat in Folge im positiven Bereich (kurzfristige Zinsen höher als langfristige), wobei die Invertierung um 19 Basispunkte höher war als im März. Zur Erklärung: höhere Zinsen für Anleihen mit längerer Laufzeit sollten die Regel sein, weshalb die Differenz von kurz- und langfristigen Zinsen im Normalfall negativ ist.
Die Zinsdifferenz zwischen 2- und 10-jährigen US-Staatsanleihen lag Ende April 2023 bei 0,56 Prozentpunkten nach +0,55 Prozentpunkten im Vormonat. Die Zinsen für Anleihen mit kürzerer Laufzeit sind also auch hier höher als die Zinsen für Anleihen mit längerer Laufzeit. In der Vergangenheit war das Verharren der Zinsdifferenzkurve im positiven Bereich in 8 von 10 Fällen der Vorbote einer Rezession.
In Deutschland war die Zinsdifferenz zwischen 2- und 10-jährigen Bundesanleihen mit +0,34 Prozentpunkten Ende April 2023 den sechsten Monat in Folge positiv, die kurzfristigen Zinsen lagen also auch hier über den langfristigen Zinsen - deutlicher Vorbote einer Rezession, die auch von Experten für2 und das erste Halbjahr 2023 erwartet wird.
Warum die klassische Zinsdifferenzkurve Fehlalarm gibt
Klassisch gilt: liegen die kurzfristigen Zinsen am Anleihemarkt über den langfristigen Zinsen müssen sich Banken das Geld für Kredite teurer leihen als sie es verleihen können. Von daher war in der Vergangenheit eine inverse Zinsstruktur (kurzfristige Zinsen höher als langfristige) ein guter Indikator für eine bevorstehende Rezession, da Banken die Kreditvergabe einschränken, wenn sie daran kein Geld mehr verdienen.
Inzwischen ist die Lage aber anders: die Banken schwimmen förmlich in Spareinlagen und müssen sich für Kredite kein Geld am Interbankenmarkt leihen.
Daher ist für die Zinsstruktur am kurzen Ende auch nicht mehr die Rendite kurzlaufender Staatsanleihen relevant, sondern die von Spareinlagen etwa mit drei Monaten Kündigungsfrist oder 1-2 Jahren Laufzeit und diese liegen aktuell deutlich unter denen am Anleihemarkt.
Diese alternative Zinsstrukturkurve (Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen - Zinsen für Spareinlagen mit drei Monaten Kündigungsfrist bzw. für Spareinlagen mit 1-2 Jahren Laufzeit) haben wir nachfolgend berechnet - mit interessantem Ergebnis, denn der Spread ist aktuell so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr.