Tapering - so funktioniert es

Tapering - das Ende der lockeren Geldpolitik?

Die extrem lockere Geldpolitik nicht nur der Europäischen Zentralbank, auch der Bank of England (BoE) und der Federal Reserve in den USA gehört seit Jahren zum Standard. Das Geld wurde und wird von den Notenbanken förmlich mit beiden Händen an die Kreditinstitute hinausgeworfen. Eines der probatesten Mittel dafür war der Ankauf von Staatsanleihen. Bei der BoE und der EZB zeichnet sich jedoch ein Umwerfen des Ruders ab - Tapering steht im Raum. Die Federal Reserve in den USA hat schon vor einigen Jahren erste Erfahrungen damit gesammelt und es ebenfalls bereits angekündigt. Wer sich nicht mindestens semi-professionell mit Finanz- und Wirtschaftsthemen beschäftigt, wird diesem Begriff vermutlich noch nicht begegnet sein.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Der Ausstieg der Federal Reserve aus Anleiheaufkäufen führte nicht zwangsläufig zu langfristig sinkenden Aktienkurse.
  • Früheres Tapering in den USA wirkte sich positiv auf Aktienkurse aus.
  • Anstieg der Zinsen bewirkte in den USA eine vermehrte Kreditvergabe, da die Margen für die Banken rentabler wurden.
  • EZB kündigt im September 2021 indirekt ein Tapering an.

Was ist Tapering?

Tapering ist ein Mittel der Zentralbanken, den Geldfluss an die Kreditinstitute zu reduzieren. Dazu schränken die Notenbanken den Rückkauf von Staatsanleihen ein. Es handelt sich folglich um das genaue Gegenteil dessen, was praktiziert wird, um den Markt mit Liquidität zu überfluten.

Woran erkenne ich Tapering?

Wenn die Zentralbanken das Volumen ihrer Anleihekäufe zurückfahren, sinkt die Geschwindigkeit des Wachstums ihrer Bilanzsummen. Ergänzend zu unseren Statistiken zur Entwicklung der Bilanzsummen der Zentralbanken stellen interessierten Lesern nachfolgend unsere Berechnungen zur Veränderung der Bilanzsummen von Federal Reserve und EZB auf Monatsbasis dar. Im Gegensatz zur wöchentlichen Betrachtung auf unserer eben genannten Statistikseite erkennt man an der monatlichen Betrachtung schneller eine Tendenz zur Verlangsamung:

Bedienhinweis: Einzelne Datenreihen lassen sich durch Klick auf die betreffende Überschrift aus- und wieder einblenden.

Quellen:

Wie wirkt Tapering?

Mit dem Aufkauf von Staatsanleihen von den Geschäftsbanken erhalten diese viel Geld von den Zentralbanken, was sie wiederum zu möglichst niedrigen Zinsen an die Unternehmen und privaten Haushalte als Kredite ausreichen, damit diese durch Investitionen und Konsum die Wirtschaft ankurbeln. Niedrige Zinsen  haben noch einen Seiteneffekt. Häufig stehen Aktienkurse und Zinsen in direktem Zusammenspiel miteinander. Sinken die Zinsen, steigen die Aktienkurse und vice versa.

Tapering führt auf den ersten Blick nun dazu, dass die Banken nicht mehr ganz so viel Liquidität für die Kreditvergabe zur Verfügung haben. Das bedeutet, dass sie bei knapperen Mitteln die Zinsen erhöhen müssen, um mit weniger Kapitaleinsatz gleichbleibende Erträge zu generieren. Steht weniger Geld für die Kreditvergabe zur Verfügung, können weniger Marktteilnehmer Kredite aufnehmen, um zu investieren, heißt, die Produktion könnte wieder rückläufig werden. Es handelt sich hier um das beliebte Wechselspiel von Inflation und hohen Zinsen gegenüber Deflation und niedrigen Zinsen.

Allerdings spielt noch ein weiterer Faktor hinein, der dem widerspricht. Banken nehmen kurzfristig Einlagen auf, um Darlehen mit langfristiger Laufzeit zu vergeben. Die Marge zwischen kurzfristigen und langfristigen  Zinsen ist der Gewinn. Je höher diese Marge ausfällt, umso lukrativer wird die Kreditvergabe für die Banken, was dazu führen kann, dass sie trotz aufgrund der eingestellten Anleihekäufen geringerer Liquidität mehr Kredite vergeben, da sie mehr Geld verdienen. Der gegenteilige Fall zur klassischen Annahme kann also eintreten. Die trotz steigender Zinsen erhöhte Kreditvergabe hält die Investitionsausgaben in der Folge weiterhin hoch.

Auswirkungen auf Zinsmarge bei Banken

Diese so genannte Fristentransformation von kurzfristigen Einlagen zu langfristigen Krediten ist - wie soeben erwähnt - umso lukrativer, je höher die Differenz zwischen kurz- und langfristigen Zinsen ist. Und genau hier kann Tapering positiv wirken: die Verringerung des Volumens angekaufter Anleihen verringert deren Nachfrage und damit den Preis. Bei gegebenem Zinskupon steigt die Rendite einer Anleihe mit sinkendem Kurs.

Hat eine Zentralbank bislang Anleihen mit längeren Laufzeiten gekauft, steigen beim Tapering die langfristigen Zinsen. Dadurch erhöht sich die Differenz zwischen kurz- und langfristigen Zinsen und die Zinsmarge der Banken. Diese haben nun ein verstärktes Interesse, Kredite zu vergeben. Die Kreditvergabe steigt - mit in der Regel positiven Effekten auf Wirtschaftswachstum und Konjunktur.

Wie hoch die Differenz zwischen kurz- und langfristigen Zinsen und damit die Zinsmarge der Banken ist, lässt sich anhand von Zinsstrukturkurven erkennen:

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Quellen:

Auswirkungen auf Aktien- und Anleihemärkte

Die theoretischen Auswirkungen haben wir bereits erwähnt. Wie war die Situation aber in der Praxis? Das Finanzportal valueinvesting.de nutzt für eine Erläuterung die Ausführungen des US-Investmentanalysten Ken Fisher, “Don’t fear QE’s End”. (1)

Fisher kommt zu dem Schluss, dass die trotz steigender Zinsen auch steigende Kreditvergabe wiederum positive Signale an die Aktienmärkte schickt. Ein Kursrückgang ist nicht zwingend gegeben, da Tapering angekündigt wird. Das heißt, es kommt nicht überraschend, die Aktienkurse preisen den möglichen Kursabschwung schon im Vorfeld moderat ein.

In der Zeit vor 2008 lag das Kreditwachstum in den USA bei rund 8,2 Prozent. In der Zeit zwischen März 2009 und Dezember 2013 war die FED mit Anleiheaufkäufen aktiv. Das Kreditwachstum schrumpfte in dieser Zeit auf durchschnittlich 0,8 Prozent pro Jahr. Mit dem ersten Tapering der FED nach 2013 stieg das Kreditwachstum wieder auf 5,8 Prozent an. Durch das Corona-bedingte Herunterfahren der US-Wirtschaft von Frühjahr 2020 bis Juni 2021 sank das Kreditwachstum in elf von 13 Monaten und lag im Juni 2021 noch bei 2,8 Prozent.

Im Mai 2013 hatte der damalige Vorsitzende der FED-Bank, Bernanke, das erste Mal ein Tapering in Betracht gezogen. In der Folge fielen die Renditen der langjährigen Staatsanleihen. Im Umkehrschluss zogen die Renditen der zehnjährigen Papiere von 1,94 Prozent auf 3,04 Prozent an.

Der Aktienmarkt verzeichnete einen marginalen Rückgang von Ende Mai bis Ende Juni um 5,6 Prozent, der jedoch bis zum Ende des Jahres 2013 im S&P 500 wieder in einen zweistelligen Zuwachs drehte.

Im Jahr 2014 setzte sich der Trend bei Aktien fort, zehnjährige Anleihen fielen mit ihrer Rendite allerdings auf 2,17 Prozent zurück.

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