Einlagenzins der EZB
Einlagenzins bzw. Einlagefazilität der EZB
Was ist die Einlagefazilität und was gibt der Einlagenzins der EZB an?
Die sogenannte Einlagefazilität ist laut Gabler Bank-Lexikon, Auflage 14, ein "geldpolitisches Instrument des ESZB (Europäisches System der Zentralbanken, Anm. d. Red.) in Form von unbesicherten Einlagen der Geschäftspartner bei den nationalen Zentralbanken". Der Einlagezins ist die Höhe des bei Inanspruchnahme der Einlagefazilität von der EZB an die Geschäftsbanken gewährten Zinses.
Wie leihen sich Banken zum Einlagenzins Geld bei der EZB?
Banken können nach Bedarf die von der EZB zur Verfügung gestellte Einlagefazilität in Anspruch nehmen. Dazu senden sie der Zentralbank im Laufe des Geschäftstages einen Antrag, der die Höhe der Einlage beinhaltet. Die bis zum darauffolgenden Geschäftstag befristeten Einlagen werden zu Beginn des dem Antrag folgenden Geschäftstages fällig. Der für die Einlage gewährte Zins wird von der EZB vorgegeben und auch veröffentlicht.
Wie hat sich der Einlagenzins bzw. der Zinssatz der Einlagefazilität der EZB entwickelt?
Die Entwicklung des Einlagenzinses der EZB können Sie der nachfolgenden Statistik entnehmen:
Staffelzins für Einlagen
Mit der Absenkung auf -0,50 Prozent hat der Einlagenzins der EZB im September 2019 einen Tiefststand erreicht. Allerdings führt die Zentralbank gleichzeitig Freibetrag ein. Für die Banken gilt seit dem 30.10.2019: Das 6-fache der Mindestreserve soll von den Einlagezinsen verschont bleiben. Bei der Mindestreserve bzw. dem Reserve-Soll handelt es sich um die Pflichteinlage, welche bereits von den Negativzinsen ausgeschlossen ist. Prinzipiell werden die Banken mit Einführung der Staffel damit entlastet, auch wenn der Einlagenzins niedriger als bisher liegt. Unsere Berechnungen kommen anhand der bisher für 2019 vorliegenden Daten auf eine Entlastung von 94 Millionen Euro pro Monat bzw. 1.128 Millionen Euro pro Jahr.
2020: 2,301 Mio. EUR Strafzinsen
Für das Jahr 2020 ergeben unsere Hochrechnungen - basierend auf den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank - ebenfalls eine Entlastung von geschätzten 1.168 Millionen Euro. Wie hoch die Entlastung bzw. die zu entrichtenden Strafzinsen am Ende tatsächlich sind, hängt in erster Linie an der Höhe des Zentralbankguthabens der Kreditinstitute auf ihren Girokonten bei der EZB und dafür liegen mit besagtem Monatsbericht erste Werte für 2020 vor.
Für 2020 kommen wir nach unseren Hochrechnungen auf 2.301 Millionen Euro Strafzinsen deutscher Banken für deren Zentralbankguthaben bei der EZB.
2021: 3.300 bis 4.650 Mio. EUR Strafzinsen
Für das Jahr 2021 ergeben unsere Hochrechnungen - basierend auf den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank - auf deutlich höhere Strafzinsen von 3.300 Millionen Euro (bei gleich bleibender Belastung aus 12/2020 auf das Gesamtjahr 2021 hochgerechnet) bis 4.650 Millionen Euro (Rate des Anstieges der Strafzinsen von Oktober bis Dezember 2020 aufs Gesamtjahr 2021 hochgerechnet).
Gegenüber der alten Regelung ohne Freibetrag bedeutet das immer noch eine Entlastung von geschätzten 1.250 Millionen Euro. Wie hoch die Entlastung bzw. die zu entrichtenden Strafzinsen am Ende tatsächlich sind, hängt in erster Linie an der Höhe des Zentralbankguthabens der Kreditinstitute auf ihren Girokonten bei der EZB.
Arbitrage aus TLTRO-III kann Strafzinsen deutlich überkompensieren
Der Freibetrag kann übrigens dazu führen, dass Banken Kredite zu Minuszinsen über die so genannten TLTRO-Programme aufnehmen und bis zum Freibetrag zu Nullzinsen auf ihren Girokonten bei der Zentralbank anlegen können. Aus Sicht der Banken wäre das ein perfektes Arbitrage-Geschäft mit nicht unerheblichem Potenzial: bei einem Gesamtvolumen von 900 bis 1.200 Milliarden Euro läge der risikolose Gewinn der Banken theoretisch bei bis zu 4,5 bis 6,0 Milliarden Euro, wenn sie die Gelder aus dem TLTRO-III-Programm für -0,50 Prozent aufnehmen und zu 0,00 Prozent bei der EZB anlegen.
Wie reagieren Banken auf den negativen Einlagenzins?
Eine Reaktion der Banken ist sofort zu sehen: sie erhöhen ihre Kassenbestände, horten also Bargeld. Lag die Höhe des Kassenbestandes monetärer Finanzinstitute in Deutschland zwischen 2009 und 2016 immer im Bereich von 15 Milliarden Euro, so stieg er seitdem auf aktuell deutlich über 45 Milliarden Euro. Um Strafzinsen zu umgehen, bunkern die Banken also immer mehr Bargeld in ihren Tresoren.
Kosten für Banken durch negativen Einlagenzins
So, wie bei Einlagen bei positivem Zinssatz Zinsen erwirtschaften, kosten negative Zinsen Geld. Wir sind daher der Frage nachgegangen, welche Kosten den Banken durch den negativen Einlagenzins der EZB entstanden sind bzw. entstehen werden.
Kosten der Banken in Deutschland
Für Banken in Deutschland finden wir alle benötigten Zahlen in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank im statistischen Teil, Bereich 42 "Mindestreserven". Zur Berechnung benötigen wir dabei den Reserve-Soll vor und nach Abzug des Freibetrages von 100.000 Euro pro Bank und Jahr, den die EZB vorsieht und der Instituten zur Verringerung ihrer Verwaltungskosten bei einem sehr geringfügigen Mindestreserve-Soll dienen soll (siehe Ausführungen der Bundesbank) sowie die Höhe des Zentralbankguthabens der Kreditinstitute auf Girokonten bei der Bundesbank für den jeweiligen Monat.
Zur Berechnung der Kosten nutzen wir zwei Formeln - eine für den bis zum 12. September 2019 geltenden ungestaffelten Zinssatz (alt) und eine für den ab dem 12. September 2019 gelten Zinssatz inkl. Freibetrag (neu):
Kosten pro Monat (alt): Zentralbankguthaben x (Einlagenzins / 12)
Kosten pro Monat (neu): ((Reserve-Soll x 6) - Freibetrag von 100.000 EUR pro Bank) x (Einlagenzins / 12)
Ab 2014 ergeben sich dabei folgende Werte:
Monat | Reserve-Soll vor Abzug des Freibetrages | Zentralbankguthaben der Kreditinstitute auf Girokonten der Bundesbank | Einlagenzins | Belastung durch negativen Einlagenzins (alt) | Belastung durch negativen Einlagenzins (neu) | Ersparnis dank neuem Freibetrag von 6-facher Mindestreserve |
---|---|---|---|---|---|---|
in Mio. EUR | in Mio. EUR | in % | in Mio. EUR | in Mio. EUR | in Mio. EUR | |
2014 | 27.993 | 61.231 | 0,00 bis -0,20 | 62,563 | ||
2015 | 30.721 | 124.739 | -0,20 bis -0,30 | 263,646 | ||
2016 | 32.293 | 217.920 | -0,30 bis -0,40 | 842,858 | ||
2017 | 34.514 | 404.602 | -0,40 | 1.617,759 | ||
2018 | 35.150 | 452.165 | -0,40 | 1.808,034 | ||
01/2019 | 35.810 | 466.005 | -0,40 | 155,284 | ||
02/2019 | 35.876 | 473.571 | -0,40 | 157,806 | ||
03/2019 | 35.678 | 481.562 | -0,40 | 160,470 | ||
04/2019 | 35.882 | 481.562 | -0,40 | 160,470 | ||
05/2019 | 35.865 | 484.535 | -0,40 | 161,461 | ||
06/2019 | 36.877 | 474.546 | -0,40 | 158,131 | ||
07/2019 | 37.135 | 464,546 | -0,40 | 154,922 | ||
08/2019 | 37.211 | 470.624 | -0,40 | 156,824 | ||
09/2019 | 37.039 | 456.618 | -0,50 | 190,195 | ||
10/2019 | 37.335 | 525.402 | -0,50 | 218,855 | ||
11/2019 | 37.697 | 491.299 | -0,50 | 204,645 | 110,403 | 94,242 |
12/2019 | 37.280 | 486.477 | -0,50 | 202,637 | 109,437 | 93,200 |
01/2020 | 37.698 | 517.143 | -0,50 | 215,414 | 121,169 | 94,425 |
02/2020 | 37.724 | 508.000 | -0,50 | 211,604 | 117,294 | 94,310 |
03/2020 | 37.342 | 602.785 | -0,50 | 251,098 | 157,743 | 93,355 |
04/2020 | 37.565 | 566.000 | -0,50 | 235,772 | 141,859 | 93,912 |
05/2020 | 38.644 | 618.199 | -0,50 | 257,521 | 160,911 | 96,610 |
06/2020 | 38.954 | 707.227 | -0,50 | 294,616 | 197,131 | 97,485 |
07/2020 | 39.324 | 671.000 | -0,50 | 279,522 | 181,212 | 98,310 |
08/2020 | 39.677 | 712.000 | -0,50 | 296,605 | 197,412 | 99,192 |
09/2020 | 39.678 | 825.970 | -0,50 | 344,093 | 244,898 | 99,195 |
10/2020 | 39.678 | 814.400 | -0,50 | 339,105 | 238,150 | 100,955 |
11/2020 | 39.678 | 884.697 | -0,50 | 368,562 | 268,397 | 100,165 |
12/2020 | 39.678 | 902.000 | -0,50 | 375.772 | 275.252 | 100,520 |
Quelle: Deutsche Bundesbank, eigene Berechnungen
Entlastung der Banken durch Freibetrag
Um fast 94 Millionen Euro pro Monat wurden die Banken in Deutschland 2019 durch den zum 30. Oktober 2019 eingeführten neuen Freibetrag in Höhe der 6-fachen Mindestreserve trotz von -0,40 auf -0,50 Prozent erhöhtem Einlagenzins entlastet.
Für 2020 beträgt die Entlastung nach den durch die Deutsche Bundesbank veröffentlichten Daten rund 97,35 Millionen Euro pro Monat oder 1,168 Milliarden Euro pro Jahr.
Für 2021 erwarten wir eine Entlastung in der Größenordnung von rund 103,2 Millionen Euro pro Monat oder 1,238 Milliarden Euro pro Jahr.
Hinweis: Werte ab Dezember 2020 sind auf Basis der vorherigen sechs Monate teilweise linear interpoliert und somit Schätzungen!
Mehr- (+) / Minderbelastung (-) | ||
---|---|---|
pro Monat | pro Jahr | |
Erhöhung des negativen Einlagenzinses von -0,40 auf -0,50% ohne Freibetrag | +40 Mio. EUR | +480 Mio. EUR |
Entlastung durch Einführung des Freibetrages vom 6-fachen des Mindestreserve-Solls (seit 30. Oktober 2019) bei Einlagenzins von -0,50% | -97,35 Mio. EUR | -1.168 Mio. EUR |
Zentralbankguthaben deutscher Banken bei der EZB
Für ihre Guthaben auf ihren Girokonten bei der Zentralbank bekommen Banken entweder einen positiven Einlagenzins oder müssen im Falle eines negativen Einlagenzinses Geld an die EZB zahlen. Wie sich die Zentralbankguthaben der Kreditinstitute aus Deutschland auf den Girokonten der Zentralbank entwickelt haben, zeigt unsere Zeitreihe:
In welchem Umfang nutzen Banken die Einlagefazilität der EZB?
Über die sogenannte Einlagefazilität können Geschäftsbanken überschüssige Liquidität bis zum nächsten Geschäftstag bei der EZB parken. Interessant ist, dass trotz negativem Einlagenzins das Volumen der Inanspruchnahme der Einlagefazilität seit Jahren steigt:
Welche Bedeutung hat der Einlagenzins der EZB für Bankkunden?
Der Einlagenzins stellt ein Steuerungsinstrument der EZB dar. Hohe Zinsen binden kurzfristige Liquidität während niedrige Zinsen einen Anreiz an die Geschäftsbanken bieten sollen, ihr Geld nicht bei der Zentralbank zu parken sondern an andere Banken bzw. Verbraucher und Unternehmen zu verleihen. Idealtypisch sorgt also ein niedrigere Einlagenzins ceterus paribus für eine Ausweitung des Kreditangebotes der Geschäftsbanken an Privathaushalte und Unternehmen. Insbesondere bei deflationären Tendenzen haben Zentralbanken in der Vergangenheit und Gegenwart bereits mehrfach zu diesem Mittel gegriffen - mit unterschiedlichem Erfolg. So ist es trotz negativem Einlagezins für die Banken attraktiver, Kredite zu vergeben als ihr Geld bei der Zentralbank anzulegen. Haben die Unternehmen oder Privathaushalte aber keinen Bedarf an einer Ausweitung der Kreditaufnahme bzw. hat die Bank bereits zu viele Risiken in ihren Büchern, wird selbst ein negativer Einlagezins die Kreditvergabe nicht stimulieren können.
Spitzenrefinanzierungsfazilität
Die Spitzenrefinanzierungsfazilität ist ebenfalls ein geldpolitisches Instrument der Zentralbanken. Hierbei geben diese Übernachtliquidität an die Geschäftsbanken zu einem vorgegebenen Zinssatz und gegen Hinterlegung zentralbankfähiger Sicherheiten. Damit kann die Spitzenrefinanzierungsfazilität als Nachfolger des früheren Lombardkredites der Deutschen Bundesbank angesehen werden. Ihr Ziel ist es, den Banken vorübergehende Liquidität zur Verfügung zu stellen. Der Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität stellt dabei auch die Obergrenze des Tagesgeldsatzes im Interbankenmarkt dar. Die Höhe des Zinssatzes ist im gesamten Euroraum gleich.
Hauptrefinanzierungsgeschäfte
Hauptrefinanzierungsgeschäfte zählen ebenfalls zu den geldpolitischen Instrumenten der EZB. Über sie wird dem Finanzsektor das Zentralbankgeld größtenteils zur Verfügung gestellt. Die Höhe des Zinssatzes für Hauptrefinanzierungsgeschäfte bestimmt daher auch maßgeblich die Liquidität und das Zinsniveau am Geldmarkt. Hauptrefinanzierungsgeschäfte sind auf eine Woche befristet und werden auch im wöchentlichen Turnus durchgeführt.
Vergleich von Einlagenzins und Zinsen bei Tagesgeld
Niedrige Einlagenzinsen bedeuten fast zwangsläufig auch niedrige Zinsen bei Tagesgeld und Festgeld. Das liegt daran, dass sich die Sparzinsen in vielen Fällen am EZB-Leitzins orientieren und Einlagenzins sowie Leitzins parallel erhöht oder gesenkt werden. Den direkten Vergleich von EZB-Einlagenzins und den von uns ermittelten Tagesgeldzinsen stellt nachfolgendes Diagramm dar:
Diese Zinsen sind für Sparer derzeit noch drin
bis zu
1,50% p.a.
Durchschnittszins
0,83% p.a.
von 20 Angeboten
bis zu
1,50% p.a.
Durchschnittszins
0,69% p.a.
von 76 Angeboten
bis zu
1,50% p.a.
Durchschnittszins
0,95% p.a.
von 4 Angeboten
bis zu
1,40% p.a.
Durchschnittszins
0,59% p.a.
von 98 Angeboten
bis zu
1,00% p.a.
Durchschnittszins
0,40% p.a.
von 135 Angeboten
bis zu
0,71% p.a.
Durchschnittszins
0,25% p.a.
von 81 Angeboten
Tagesgeld und Festgeld unabhängig vom Zinsniveau als Sparformen beliebt
Als Sparformen mit gesetzlicher Einlagensicherung sind Tages- und Festgelder auf jeden Fall eine interessante Alternative zu Bundeswertpapieren oder aber zumindest eine Ergänzung. Während beim Tagesgeld täglich über das angelegte Geld verfügt werden kann, im Gegenzug die Bank aber auch - abgesehen von Zinsgarantien für Neukunden - auch täglich den Zins ändern kann, ist es beim Festgeld umgekehrt: der Zins ist über die gesamte vereinbarte Laufzeit garantiert, dafür kann über das angelegte Geld erst zum Ende der Laufzeit verfügt werden.
Wie hoch derzeit die Zinsen auf Tagesgeld und Festgeld sind, können Sie unseren aktuellen Zinsvergleichen entnehmen: